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Der Schankraum war nicht allzuvoll. Die meisten Bewohner verdingten ich Ihre Dukaten im Bergbau. Erst am Abend würden sie die Zeche verlassen und hier darauf anstoßen, dass sie überlebt hatten, denn ungefährlich war die Arbeit nicht. Lormark musste bei dem Gedanken schmunzeln. Der Zwerg eines Händlerpaares liebte Geschichten und hatte sich vor Zeiten in die große weite Welt aufgemacht, um selbige zusammenzutragen. Immerhin gab es so viel mehr da draußen, als Bergbau - oder Seegurken. Wobei ihn letztere total faszinierten, was sicher auch daran lag, dass seine Familie seit Generationen einen erfolgreichen Seegurkenhandel („Iridion – Seegurkenhandel aus Tradition!“) betrieb und diese Delikatesse in der ganzen Welt vertrieb. Da Lormark das Händlerblut aber nun einmal, ob er wollte oder nicht, ins Blut gelegt war, verband er das angenehme mit dem nützlichen und fragte, in welches Lokal er auch immer einkehrte, welchen Markt er auch immer besuchte, nach Seegurken aus seiner Heimat. Die Nachfrage bestimmte schließlich das Angebot!
Während Lormark seinen Gedanken nachhing, polterte es plötzlich. Die Hütte wackelte ein wenig. Von der Seite drang ein Fluchen an sein Ohr: „Verdammt Sprengungen!“ Es war ein Elf, der grade mit seinem Humpen den Weg von der Theke zu seinem Platz zurücklegen wollte. Durch die Erschütterung fand sich der klebrige Inhalt nun allerdings auf seinem Gewand. Weiter vor sich hingrummelt, setzte der Elfe seinen Weg fort, während die Markt bereits dabei war, die klebrigen Rest vom Boden aufzuwischen. Lormark begegnete ihrem Blick. Sie flüsterte ihm ein „Touristen …“ entgegen und rollte die Augen. Lormark musste schmunzeln. Immerhin war er ja auch irgendwie ein Tourist. Grade fragte er sich, was seine alten Gefährten wohl grade machen. Ob Aru sein Seelentier inzwischen gefunden hatte? Regierte Elia ihr Königreich mit linker Hand und rechtem Herzen (oder umgekehrt)? Musste Karim, der eigentlich Keira hieß, noch immer so tun, als sei sie jemand anderes? In Gedanken versunken sah Lormark sich um, sein Blick schweifte kurz zum Fenster, glitt weiter durch den Raum - und wieder schnelll zurück zum Fenster. Da war doch … Er kniff die Augen zusammen, öffnete sie langsam wieder, aber es war noch immer da. Skeptisch schielte der Zwerg in dem Becher vor ihm, roch am Inhalt. Keine Auffälligkeiten. Außerdem war es erst sein fünfter Humpen, daran konnte es also nicht liegen. Atmen! Tief und ruhig atmen! (Das hatte ihm mal eine Heiler beigebracht, denn früher litt er extrem unter seiner Ängsten. Seine Gefährten hatte Lormark damit immer mal wieder in gefährliche Situationen gebracht, denn eigentlich war er ein sehr guter Kämpfer - versteckte sich aber lieber, um die Geschichte aus der ferne aufschreiben zu können. - Zumindest hatte er aber immer todesmutig getan!) Lormark schüttelte den Kopf und blickte noch einmal aus dem Fenster. So ganz sicher was er da sah war er sich nicht. Es füllte das ganze Fenster aus, schien sogar viel größer, als das Fenster und sah irgendwie weich aus. Der Zwerg stand auf und bewegte sich langsam auf das Fenster zu. Die gute Geschichte, die er dahinter witterte, wiegte größer, als seine Befürchtungen. Geschichte! Verdammt! Er hatte sein nie endendes Buch auf dem Tisch liegen lassen. Wie gut, dass er sich vor ettlichen Zeiten eine magische Feder auf dem Feenmarkt gekauft hatte. Mit einer kurzen Bewegung in dessen Richtung aktivierte er seinen heiligsten Besitz. Von jetzt an würde sie alles festhalten, was passiert. Als Lormark wieder zum Fenster zum blickte, blinzelte es ihn plötzlich an! Erschrocken sprang er einen Schritt zurück. Automatisch ging sein Griff zu seinem Hammer, den er immer an einem Gürtel dabeitrug. Für Außenstehende sah es aus wie ein Schmiedewerkzeug, doch mit einem Falmmenzauber belegt, wurde er zu einer mächtigen Waffe! Kaum war Lormark am Fenster angekommen, war das „Ding“ verschwunden. Er rannte zur Tür, riss sie auf, stürmte heraus und taumelte sogleich zurück, als er gegen etwas stieß, was definitiv nicht da war, als er die Taverne betreten hatte!
Ein Grollen trat an sein Zwergenohr, welches sich wie ein „Tschuldigung!“ anhörte. Lormark blickte sich suchend um, als wieder ein Grollen ertöten „Hier oben!“ Der Chronist schaute in die gewiesene Richtung. Statt des Himmels blickte er in das, was er zuvor bereits am Fenster gesehen hatte: Das Auge eines Riesen! (Der Riese hatte natürlich zwei Augen. Aber als Zwerg in EIN riesiges Auge zu blicken war schon schwer genug! Gleiches galt für die Veständigung, denn egal wie sehr ein Zwerg auch schrie, für den Riesen klang es nur wie ein Flüstern. Er musste sich also ganz schön anstrengen und sein Ohr Richtung Boden drehen!) „Hallo.“ grollte es herab. Lormark schluckte all seine Fragen erst einmal herunter und antwortete: „Ave. Erlaubt das ich mich ersteinmal vorstelle. Mein Namen ist Lormark Iridion – aus dem Hause der Irdions. Wer seit ihr?“ „Ich Rüdiger! Steht für RÜpelhafter DIensthabeneder GEmein Riese.“ Verwirtt entgegenete Lormark: „Du meinst du bist ein gemeiner rüpelhafter Riese?“ „Ich nicht gemein! Ich GEMEIN Riesen! Nächste Woche jemand anderer Geimeinriese! Amt wechselt!“ Das Wesen vor ihm stellte also so etwas wie einen Gemeinschaftstdiener da. Doch was wollte er hier, so weit ab, von seinen eigenen Leuten? Bevor der Chronist jedoch nach dem Grund des Besuches fragen konnte, sprach der Riese: „Masskottchen krank! Seit Tagen!“ Eine Träne kullerte von Rüdigers Wange herab. Sein Gesprächspartner konnte zwar grade noch zu Seite springen, wurde aber durch die Spritzer klatschnass. Fluchend zog er seinen Mantel aus und wrang ihn kommentarlos aus. „Das tut mir leid. Was hat es denn?“ „Wir nicht wissen. Mahaman nicht helfen kann!“ „Lass mich raten, der Namen ist eine Abkürzung und steht für „Meist Ahnung Haben, Aber Manchmal Auch Nicht!?“ Rüdiger schaute erst irritiert, dann fing er an zu lachen. „Nein! Mahaman nur einfach Name!“ Schnell versuchte Lormark das Thema wieder auf das Maskottchen zu lenken. „Vielleicht solltet ihr mit eurem Maskottchen einen anderen Heiler aufsuchen.“ Der Riese nickt. „Rüdiger suchen Zwerg.“ und deutet auf seinen Gesprächspartner „Zwerg gefunden!“ Lormark glaubte sich verhört zu haben. „Mich??? Ich bin kein Heiler!“ Doch Rüdiger schüttelt so heftig den Kopf, dass ein kleiner Sturm durch die umstehenden Bäume weht und die Tiere aufstreckt. „Wir erfahren das Zwerg der sich auskennt hier kommen. Rüdiger losgeschickt, um Hilfe zu bekommen! DU HELFEN!!!“ Soweit es überhaupt möglich war Lormark nun noch verwirrter als zuvor. „Du kennst dich gut aus. Mit Seegurke?“ Der Zwerg horchte auf. „Ja!“ „Dann du helfen! Maskotchen IST Seegurke!“ Mit aufgerissenem Mund starrte der Chronist zu Rüdiger hoch. Als er sich gefangen hatte zählte er vor: „Ich kann dir wunderbare Rezepte geben: Seegurke auf Pinienzapfenchutney, Gefüllte Seewalze auf Salzkraut, …“ Erschrocken riss Rüdiger die Augen auf: „Seegurken Freunde, kein Futter!!!“ Okay, in DIESEM Punkt hatte sie wohl eine andere Auffassung. Betreten blickten beide zu Boden und schwiegen. Lormark beschlich eine Ahnung: „WER hat dir gesagt, dass ich hier bin?“ „Schwester!“ grinste Rüdiger, was angesichts seiner großen Zähne ganz schön gruselig aussah. „Soll Bruder schön grüßen!“ Lormark legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und atmete tief durch. Natürlich! Seine Schwester war mit ihrem Schiff auf den Weltmeeren unterwegs, um neue Handelsbeziehungen aufzubauen. Die Eltern waren mächtig stolz auf sie. Dabei taten sie, im Grunde, doch beide das Gleiche! Von jeher hatte er im Schatten seiner „kleinen Schwester“ gestanden und sie ließ keine Gelegenheit für eine Stichelei aus. „Meine Schwester beliebt zu scherzen. Ich fürchte ich kann dir nicht helfen.“ entgegenete er vorsichtig. Wieder kullerte eine Träne zu Boden. Diesesmal blieb die Dusche jedoch aus.
„Na schön.“ ergriff Lormark das Wort, als er sich wieder gefangen hatte. „Erzähl mir alles über euer Seegurkemaskottchen.“ Der Gemeinriese freute sich und erzählte. Von da wie die Seegurke angeschwemmt wurde, wie dieses kleine Tierchen allen RIESIG ans Herz wuchs, bis hin zur Geschichte, wie sie zum Maskottchen wurde. Als Chronist war er ein guter Zuhörer und schwieg während der Ausführung. „Und jetzt, Maskottchen nicht gut.“ „Wofür ist sie überhaupt das Masskottchen?“Rüdiger Augen funkelten, als er antwortete „Synchronschwimmen! Große Tradition im Bergsee. Klares Wasser vom Gletscher!“ Der Chronist horchte auf „Wo lebt eure Seegurke?“ „Im Gletschersee. Wo sonst? Da wo Wettkämpfe. Ist doch Masskottchen!“ „Und genau da muss sie weg! Wenn es sich um einen Gletschersse handelt, wie du sagst, handelt es sich um Süßwasser. Eine Seegurke braucht Salzwasser zum Überleben! Sie gehört ins Meer!“ „Häh? Heißt doch SEEgurke und Gurke IST im See!“ „Ja. Das heißt nein.“ Sollte er dem Riesen jetzt wirklich erklären, warum das Meer See genannt wurde, ein See aber kein Meer war? Er entschloss sich dagegen. „Du solltest dich auf den Weg nach Hause machen. Setze eure Seegurke ins Meerwasser und ihr wird es bald besser gehen!“ Rüdiger sprang auf, worauf der Boden erzitterte. Aus der Taverne drank eine bekannte Stimme hinaus „Nicht schon wieder!“ Der Riese senkte betreten den Kopf „Tschuldigung.“ dann blickte er zu Lormark „Danke! Wenn du in Nähe, du uns besuchen. Aber Seegurke nur gucken, nicht Essen!“ Lormark nickte und der Diensthabene stampfte los. Der Zwerg rief ihm noch hinterher „Einfach nur viel Salz in den See schütten reicht nicht!“ doch das hörte der Riese schon längst nicht mehr.
Lormark seufzte und zog los. Sein erster Gedanke ging dabei wieder an seine alten Gefährten. Das Ende ihrer Geschichten hatte er nie erfahren, es war Zeit ihnen einen Besuch abzustatten und, wer weiß, vielleicht war es der Beginn von einem neuen Abenteuer …
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